Bundeskartellamt prüft Apples Tracking-Regelungen für Apps von Drittanbietern
Das Bundeskartellamt hat heute ein Verfahren zur kartellrechtlichen Prüfung ein, ob Apple hinsichtlich des Trackings von Nutzern Apple-eigene Angebote bevorzugt behandelt und/oder andere Anbieter behindert – interessanterweise ist dieses Verfahren ist „gestützt auf § 19a Abs. 2 Satz 1 GWB und Art. 102 AEUV“, noch ehe das im Juni 2021 eingeleitete Verfahren gegen Apple zur Feststellung einer überragenden marktgreifenden Bedeutung für den Wettbewerb (§ 19a Abs. 1 GWB) abgeschlossen ist.
Der neue, erst 2021 aufgrund des GWB-Digitalisierungsgesetzes (10. GWB-Novelle) eingeführte § 19a GWB soll dem Bundeskartellamt ein früheres und effektives Eingreifen insbesondere gegen Verhaltensweisen großer Digitalkonzerne ermöglichen: In einem zweistufigen Verfahren wird zunächst durch kartellamtliche Verfügung festgestellt, dass einem Unternehmen eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb zukommt; diese Feststellung ist auf fünf (5) Jahre befristet. Im Falle einer solchen kartellbehördlichen Feststellung kann das Bundeskartellamt dann in einem zweiten Schritt dem entsprechenden Unternehmen präventiv wettbewerbsgefährdende Verhaltensweisen untersagen, insbesondere eigene Angebote gegenüber denen von Wettbewerbern bevorzugt zu behandeln oder andere Unternehmen in ihrer Geschäftstätigkeit zu behindern – und zwar während der fünfjährigen Dauer der Feststellung ohne dass in jedem Einzelfall ein gesondertes kartellrechtliches Missbrauchsverfahren durchgeführt werden und die Missbräuchlichkeit einer Verhaltensweise im Einzelfall festgestellt werden muss.
Im Juni 2021 hatte das Bundeskartellamt gegen Apple – als letztes der vier größten digitalen Unternehmen, die nach ihren (früheren) Anfangsbuchstaben häufig als GAFA (Google, Amazon, Facebook, Apple) bezeichnet werden – ein Verfahren nach der ersten Stufe der zentralen neuen Vorschrift des § 19a GWB eröffnet, welches noch nicht abgeschlossen ist.
Dessen ungeachtet geht das Bundeskartellamt nun – (auch) „gestützt auf § 19a Abs. 2 Satz 1 GWB“ – dem konkreten Verdacht nach, dass die Tracking-Regelungen sowie das App Tracking Transparency Framework (ATT) von Apple Apple-eigene Angebote bevorzugt behandeln und/oder andere Unternehmen behindern. Tracking macht Präferenzen von Usern nachvollziehbar und ermöglicht etwa Werbetreibenden oder App-Anbietern, personalisierte Werbung auszuspielen, den Erfolg von Werbung zu messen oder Nutzerdaten für andere Zwecke zu erheben und zu nutzen – und hat dementsprechend insbesondere für Anbieter von Dritt-Apps hohe Relevanz, deren Geschäftsmodell darauf zielt, Apps kostenlos, aber werbefinanziert zur Verfügung zu stellen (was pikanterweise nicht zuletzt auf Angebote von Facebook, Instagram und WhatsApp des GAFA-Giganten Meta (vormals Facebook) zutrifft).
Der Verdacht des Bundeskartellamtes stützt sich unter anderem auf eine Beschwerde von Spitzenverbänden der Medien-, Internet- und Werbewirtschaft aus dem April 2021 (die nach Mitteilung des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) zudem in einem ähnlich gelagerten Fall eine Kartellbeschwerde zur Europäischen Kommission erhoben haben, mit der sie Google vorwerfen, in seinem Chrome-Browser und im Betriebssystem Android Drittanbietern den Zugang zu Identifikationsdiensten zu erschweren, sich selbst aber von diesen Regeln auszunehmen).
Die Einleitung des Verfahrens gegen Apple zeigt die Entschlossenheit des Bundeskartellamtes, das neue Instrument in § 19a GWB gegenüber den großen digitalen Unternehmen zu nutzen und hierbei schnell voranzuschreiten – anders lässt sich die Einleitung dieses Verfahrens „gestützt auf § 19a Abs. 2 Satz 1 GWB und Art. 102 AEUV“ zu einem Zeitpunkt, in welchem die Feststellung einer überragenden marktübergreifenden Bedeutung von Apple für den Wettbewerb noch nicht ausgesprochen ist, kaum verstehen. Eine entsprechende Feststellung durch das Bundeskartellamt dürfte in Bälde folgen.
Mit § 19a GWB verfügt Deutschland als eine der ersten Rechtsordnungen weltweit über ein Instrument, wettbewerbsgefährdende Verhaltensweisen mächtiger digitaler Unternehmen in den schnelllebigen digitalen Märkten effizienter und schneller zu unterbinden als dies mit traditionellen kartellrechtlichen Mitteln möglich wäre – und mit dem Bundeskartellamt über eine Kartellbehörde, die dieses neue Instrument gezielt und schnell zu nutzen beabsichtigt, um den Wettbewerb gerade im digitalen Umfeld zugunsten von Mitbewerbern und Verbrauchern zu schützen.